Marathon mit Klebeband
Beim Mini-Marathon, einem Nachwuchs-Ranglistenturnier zur Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften im Degenfechten holen Heidenheimer Fechterinnen und Fechter fünf Podiumsplätze, darunter sogar einen Sieg.
„Der Junge hat‘s tatsächlich geschafft“: Thomas Zimmermann, sportlicher Leiter des Heidenheimer Fechtzentrums ist auch zwei Stunden nach Wettkampfende immer noch freudig überrascht vom Abschneiden seines Schützlings Hendrik Schünke. Der 14-jährige vom HSB, der seit acht Jahren ficht, hat beim sogenannten „Mini-Marathon“ einen souveränen Sieg in der Altersklasse U15 erkämpft. „Bisher hat er ja noch kein Turnier gewonnen, deshalb war das schon etwas überraschend“, so Zimmermann.
Von seinen insgesamt zwölf Kämpfen am Sonntag gewann Schünke elf, lediglich der erste Kampf in der Vorrunde ging verloren. „Ich bin etwas schwer reingekommen in den Tag“ sagt er selbst dazu. Irritiert hat ihn dabei weniger die eigene Verfassung oder die seiner Kontrahenten, sondern das Sonnenlicht: Wenn es zu windig in Heidenheim ist, lassen sich die Jalousien an der Halle nicht schließen. „Wir mussten uns dann Klebeband auf die Maske kleben, damit wir etwas sehen können“, erläutert Hendrik Schünke. „Danach habe ich alles zu Null oder zu eins gewonnen“, ergänzt der 14-jährige zufrieden.
Für das Ranglistenturnier am Wochenende hatte sich der 14-jährige im Vorfeld selbst ein klares Ziel gesetzt: „Ich will den Sieg“. Zwar könne man sich auch Zwischenziele setzen wie beispielsweise unter die besten Acht zu kommen, „aber eigentlich sollte man immer mit der Motivation starten, Erster zu werden“, so Schünke selbstbewusst. „Wenn man sagt: Heute wird das eh nichts, da hat man sowieso schon verloren“. Für ihn ist dieses Vorgehen ein geeignetes Mittel, um die notwendige körperliche und mentale Anspannung aufbauen zu können, ohne die ein Sieg unmöglich wird.
Sein Plan ist jedenfalls voll aufgegangen. Im Halbfinale bot sich Schünke dabei gegen Franz Koch vom FSC Dresden die Chance auf eine Revanche. „Vor zwei Jahren bin ich gegen ihn hier in Heidenheim noch rausgeflogen“, erinnert er sich. Diesmal behielt er mit 15:11 die Oberhand. Im Finale traf er dann auf Philipp Plötz vom Mannheimer FC, wo es für ihn sehr gut lief, „ich konnte mir einen Vorsprung erarbeiten und ausbauen, ich habe 15:10 gewonnen“. Er habe „gut und diszipliniert gefochten und hat wenig Fehler gemacht“, resümiert sein Trainer Thomas Zimmermann.
Hendrik Schünke betreibt den Fechtsport seit acht Jahren, war also kaum eingeschult, da hatte er bereits einen Degen in der Hand. Der gebürtige Aalener ist aber auch quasi erblich vorbelastet, „meine Eltern waren auch Fechter“. Thomas Zimmermann bescheinigt ihm - möglicherweise auch deswegen - „ein gutes Fechtgefühl“, manchmal gehe ihm aber noch etwas „der Gaul durch, dann verhaspelt er sich“. Schünkes bislang größter Erfolg war der Sieg bei den baden-württembergischen Meisterschaften 2022.
Seine Nerven etwas besser im Griff hat nach Ansicht von Thomas Zimmermann ein Fechter, der mit seinen 13 Jahren zu den jüngsten in der Altersklasse U15 gehört, dem aufgrund seiner Fähigkeiten zukünftig aber noch viel zuzutrauen ist: Joshua Kreß belegte am Sonntag einen ausgezeichneten sechsten Platz. Sein persönliches Ziel für das Wochenende war eine Top-8-Platzierung, „das hat wunderbar geklappt“, bilanziert der Großkuchener zufrieden. „Die Vorrunde lief für meine Verhältnisse sehr gut. Ich habe bis auf ein Gefecht alle gewonnen“.
Kreß konnte sich so immerhin bis ins Viertelfinale vorkämpfen, ein Abschneiden, mit dem auch sein Trainer letztlich zufrieden war. „Er hat zwar immer wieder einmal ein paar Hänger gehabt, aber er ist ja auch noch ein Jahr jünger, das darf man nicht vergessen bei der Geschichte“, so Zimmermann. Trotz seiner jungen Jahre kann Kreß bereits einen Titel vorweisen, im letzten Jahr wurde er als Kapitän Deutscher Meister mit dem Degen-Team.
Geht es nach Thomas Zimmermann, dann sollten sowohl Schünke als auch Kreß die Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften im Mai nächsten Jahres schaffen. „Das ist das Ziel, das haben sie drauf. Zumal der Hendrik im letzten Jahr bereits im Finale gestanden hat“. Hendrik Schünke selbst geht angesichts seines Sieges am Sonntag sogar noch ein Stückchen weiter, „das macht mir Hoffnung auf den Meistertitel“, sagt er selbstbewusst.
Vier mal Platz drei
Am Heidenheimer Mini-Marathon nahmen insgesamt 202 Fechterinnen und Fechter aus 29 Vereinen aus Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Nordrhein-Westfalen teil. Neben dem Sieg von Hendrik Schünke gab es durch Moritz Edler (U13), Gero Wiedemann (U11), Coleen Magano (U13) und Maria Luiza Goncalves (U11) weitere vier dritte Plätze für Heidenheimer Athleten.
Bildunterschrift von links: Joshua Kress, Hendrik Schünke.